Der „Konvent“ zur Ausarbeitung einer Europäischen Grundrechtscharta unter Vorsitz von Roman Herzog hat seinen ersten Entwurf vorgelegt. Das Regelungswerk, das inzwischen eine erste Billigung seitens der Europäischen Kommission erfahren hat, soll die Grundrechtspositionen der Unionsbürger sichtbarer machen und dadurch ihren Schutz verstärken. Welchen Inhalt die Charta letztlich bis zu ihrer Verabschiedung im Dezember in Nizza erhält, bleibt abzuwarten. Das Ergebnis wird sich jedoch zwangsläufig an nationalen Vorbildern orientieren.
Wie der Überblick über die nationalen Verfassungen der EU-Länder zeigt, ist die Anordnung gerichtlich einklagbarer sozialer Grundrechte (in Gestalt von Leistungs- und Teilhaberechten) die Ausnahme. Meist gibt es nur „als soziale Grundrechte verkleidete Staatszielbestimmungen“. Es ist mithin zu vermuten, dass die europäischen Festlegungen in diesem Sinne ebenfalls eher zurückhaltend sein werden.
Die EU-Grundrechtscharta ist Teil eines gestuften europäischen Verfassungsgebungsprozesses und damit Schrittmacher auf dem Weg zu einer stärkeren Vertiefung der Gemeinschaft. In ihrem Kapitel „Solidarität“ enthält sie einen „Minimalstandard europäischer Sozialstaatlichkeit“. Dieses Signal sollte bei späteren Vertragsrevisionen dahingehend konkretisiert werden, dass das Sozialstaatsprinzip als supranationales Gut ausdrücklich in den Gemeinschaftsverträgen verankert wird – eine alte Forderung der Spitzenverbände der Deutschen Sozialversicherung.
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